Experten-Interview: Wie ist es nun bestellt um unsere Rente?

Heute herrscht beim Thema Altersversorgung vor allem Verunsicherung. Die aktuelle Entwicklung löst dabei eher Zukunftsangst als Zuversicht aus. Der Begriff Altersarmut kursiert gegenwärtig mehr denn je in unserer Gesellschaft. Ein Leben von Hartz IV möchte sich niemand wirklich vorstellen. Jedoch sind bereits heute über eine Million Menschen auf die Grundsicherung angewiesen. Sinkendes Rentenniveau, eine bedingt sinnvolle Rentenreform sowie die Nullzins-Politik der Europäischen Zentralbank (EZB), festigen nicht gerade das Vertrauen in einen gesicherten Ruhestand. Geld + Sparen sprach mit Christian Fürst, Experte für Altersvorsorge bei der Deutschen Vermögensberatung.

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G+S: Herr Fürst, wie schätzen Sie die Situation ein, droht in Deutschland wirklich massenweise Altersarmut oder schüren Sozialverbände und Medien lediglich Panik?

Fürst: Von unbegründeter Panikmache kann in diesem Fall leider nicht die Rede sein. Altersarmut ist definitiv ein großes Problem und es wird immer größer. Zudem sind viele Deutsche nach wie vor der Meinung, genügend für das Alter vorzusorgen.

G+S: Warum glauben immer noch so viele Deutsche an die Sicherheit ihrer Rente?

Fürst: Den meisten fehlt ein Gefühl dafür, wie viel Geld sie im Alter faktisch zur Verfügung haben und was ihre Rente dann noch wert ist. Die Informationen der Deutschen Rentenversicherung verschärfen das Problem sogar noch, da hier Beträge für die künftige Regelaltersrente lediglich im Verhältnis zur aktuellen Kaufkraft stehen. Was sich also heute noch ganz gut anhört, ist nach Berücksichtigung der Inflation nicht mehr ganz so schmackhaft.

G+S: Was würden Sie sagen, herrscht ein generelles Informationsdefizit?

Fürst: Ich bin selbst immer wieder überrascht, wie viel gefährliches Halbwissen teilweise mit in die Erstberatung getragen wird. Viele wissen beispielsweise gar nicht, dass ihre Rente steuerpflichtig ist. Des Weiteren machen sich relativ wenig Menschen Gedanken über den eben angesprochenen Kaufkraftverlust. Meiner Meinung nach fehlt ein grundsätzliches Bewusstsein für das Problem an sich.

G+S: Was bedeutet Kaufkraftverlust eigentlich genau?

Fürst: Ganz einfach. Die Europäische Zentralbank strebt eine jährliche Teuerungsrate von zwei Prozent an. Das heißt, die Kaufkraft halbiert sich nach 35 Jahren - auch ohne Hyperinflation.

G+S: Wie ist die Rolle der Krankenversicherer einzuschätzen?

Fürst: Hier fehlt oft das Bewusstsein, dass beide Teile der Krankenversicherung bezahlt werden müssen. Fakt ist, fällt der Arbeitgeber weg, so werden natürlich auch keine Anteile an den Krankenversicherungsbeiträgen weiterbezahlt. Hier droht also vielen eine böse Überraschung.

G+S: Die gesetzliche Altersvorsorge reicht also nicht aus?

Fürst: Nein, definitiv nicht. Viele, die jetzt kein alternatives Konzept anstreben, werden im Alter über das Hartz-IV-Niveau nicht hinauskommen. Mit dieser Einsicht sollte man sich erst einmal erkundigen, welche Möglichkeiten der eigene Arbeitgeber anbietet.

G+S: Wird das Problem nicht durch die Lebensversicherung oder betriebliche Altersvorsorge entschärft?

Fürst: Grundsätzlich hilft das natürlich, allerdings ist das leider nur der bekannte Tropfen auf den heißen Stein. Die eingezahlten Beiträge und die damit am Ende erreichte Summe sind oft einfach zu gering. Dann sprechen wir über eine steigende Lebenserwartung. Was helfen beispielsweise 50.000 Euro aus einer betrieblichen Altersvorsorge, wenn ich 80 oder 90 Jahre alt werde?

G+S: Und Geschenke vom Staat?

Fürst: Auch Riester kann natürlich oft Sinn machen, muss aber nicht. Auch hier müssen unterschiedlichste Faktoren in Betracht gezogen werden. Nehmen wir beispielsweise eine Mutter mit zwei Kindern, die nicht arbeitet. Diese kann mit geringem finanziellen Aufwand eine ordentliche jährliche Einzahlung erzielen. Wer selbst arbeitet, sollte sich jedoch überlegen, ob die  betriebliche Altersvorsorge nicht vielleicht die bessere Alternative wäre. Denn weshalb sollte jemand privat für das Alter vorsorgen, wenn er nicht über die Grundsicherung kommt und dann auch noch die Riester-Rente abgezogen wird.

G+S: Wie sieht es eigentlich mit Aktien beziehungsweise Aktienfonds aus?

Fürst: Auf jeden Fall sollte man über eine aktiengestützte Strategie nachdenken. Ordentliche Renditen lassen sich derzeit nur noch mit Anlageprodukten erzielen, die gewissen Wertschwankungen unterliegen. Entgegen eines bei vielen Verbrauchern verbreiteten Gefühls liegt das Risiko, mit einem über Jahrzehnte laufenden Aktienfonds-Sparplan Verluste zu erleiden, „praktisch bei null“. Zwischenzeitlich können zwar sogenannte Bauchverluste auftreten, wer sich davon jedoch nicht irritieren lässt, kann ansehnliche Wertzuwächse generieren. Allerdings sollten Anleger ihre Investitionen über verschiedene Anlageklassen hinweg verteilen, um Wertschwankungen auszugleichen und so für ein zusätzliches Sicherheitsgefühl zu sorgen. Auch unterliegen Fonds seit jeher strengen Regularien. Die Vermögenswerte der Kunden werden seitens der Fondsgesellschaften nicht in die eigenen Bücher übernommen, d.h. sollte eine Gesellschaft zahlungsunfähig werden, sind die Vermögenswerte der Kunden noch als Sondervermögen enthalten und nicht Teil der Insolvenzmasse.

G+S: Was ist mit Zinsanlagen?

Fürst: Zinsanlagen, die nach Abzug von Steuern, Inflation und Kosten eine positive Rendite bringen, sind reine Nostalgie. Wer sich dafür entscheidet, sein Geld auf Sparbüchern, in Tages-oder in Festgeld anzusparen, der betreibt aktive Geldvernichtung. 

G+S: Mir ist bewusst, dass es keine Patentlösung gibt aber hätten Sie trotzdem ein paar nützliche Ratschläge parat?

Fürst: Da haben Sie natürlich Recht, die Suche nach Patenlösungen gestaltet sich momentan etwas schwierig (lacht). Trotz allem gibt es für jede Zielgruppe realistische Ansätze, um intelligent und nachhaltig für das Alter vorzusorgen. In erster Linie ist dabei wichtig, die persönlichen Bedürfnisse abzustecken. Sprich, wie viel werde ich im Alter benötigen, um meinen Lebensstandard zu erhalten. Wer gutgläubig eine Lebens- oder Rentenversicherung  abschließt, darf sich hinterher auch nicht wundern, wenn die Rechnung nicht aufgeht. Leider ist es so, dass die Deutschen leider nach wie vor mehr Zeit für beispielsweise den Kauf eines Autos aufwenden als für die Planung ihrer Altersvorsorge. Weiterhin unabdinglich ist eine vertrauenswürdige und kompetente Beratung.

Aus meiner eigenen Erfahrung heraus kann ich sagen, dass bereits in der Gegenwart durch die Optimierung bestehender Verträge einiges Potenzial freigeschaufelt werden kann. Dieses kann dann wiederum wesentlich gewinnbringender beispielsweise in einen Fondssparplan reinvestiert werden. Ein guter Ansatz ist sicherlich auch, einen festen Anteil des Gehalts zur Seite zu legen. Bei jeder Gehaltserhöhung sollte man darüber nachdenken, wie viel davon in die Altersvorsorge einfließen könnte.

Herr Fürst, vielen Dank für das Gespräch.

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